Prometheus

Dass der Film Prometheus (USA 2012) eine Menge populärer Mythen zu einem „pseudowissenschaftlichen Mix“ zusammenrührt, wie Uwe Reichert, Chefredakteur der Astronomie-Zeitschrift Sterne und Weltraum, im Editorial zum Oktoberheft beklagt (vor allem Präastronautik und Intelligent Design stoßen ihm übel auf), ist nicht das größte Problem des Films. Die Bilder sind (selbst wenn man sie nur in 2D sieht) streckenweise überwältigend – das muss man zugeben. Aber ergreifend sind sie, selbst in solchen Momenten, nicht. Auf ästhetisch hohem Niveau lässt einem das Ganze – die Story wie die in ihr agierenden Personen – bedenklich kalt.

Im Jahr 2091, ein Jahr vor Ellen Ripleys Geburt, startet das überlichtschnelle Forschungsschiff Prometheus mit Ziel LV 223, einem Mond in einem knapp 40 Lichtjahre entfernten Sternsystem, dessen Zentralgestirn der Sonne sehr ähnlich ist (und der im Übrigen nicht identisch ist mit der Welt, auf der die Besatzung der Nostromo über 20 Jahre später zum erstenmal von den Aliens infiziert wurde – was Ellen Ripley bekanntlich als Einzige überlebte). Aufgabe der 1000-Milliarden-Dollar-Mission ist es, die „Konstrukteure“, die Schöpfer zu finden, das heißt jene, die uns Menschen geschaffen haben. Dass es sie geben muss, darauf stießen Elizabeth Shaw und ihr beruflicher wie privater Partner Charles Holloway bei weltweit durchgeführten archäologischen Forschungen: Bei den unterschiedlichsten Frühkulturen der Erde, die untereinander keinerlei Kontakt hatten, fanden sie immer wieder die gleiche Sternkonstellation als Piktogramm an Felswänden, obgleich diese „alten und vergleichsweise primitiven Zivilisationen unmöglich etwas darüber wissen konnten“ . Der Film beginnt mit dem Eintreffen der Prometheus in diesem Sternsystem, dessen einziger Planet einen Mond hat, „auf dem Leben existieren könnte“ (Holloway). Ob dieses Leben wirklich identisch ist mit den Konstrukteuren können Shaw und Holloway in ihrer 3D-Präsentation vor versammelter Mannschaft zwar nicht beweisen, aber „ich habe mich entschlossen, es zu glauben“ (Shaw).

Leider geht der in dieser Präsentation aufgebaute sense of wonder im Folgenden ein wenig verloren: vor allem in Action- und Horrorelementen, die immer mehr die Oberhand gewinnen. Es wird viel in Fleisch herumgewühlt – stets begleitet von schleimigen Schmatzgeräuschen –, der Tod kommt in Splattermanier über die Menschen; Höhepunkt dieser Blutorgie ist die von Shaw selbst vorgenommene Abtreibung eines ihr eingepflanzten Alien-Babys (schon ein bisschen viel für meine empfindliche Seele), aber Ridley Scott (Regie) scheint es zu genießen (wie in vielen seiner Filme).

Immerhin finden sie die Konstrukteure. Alle bis auf einen sind sie tot, gestorben vor 2000 Jahren bei dem Versuch, ihr Raumschiff Richtung Erde zu starten. Das Schiff, das genauso aussieht wie jenes, auf das die Nostromo Jahrzehnte später stoßen wird, ist gefüllt mit Brutbehältern: Alienlarven, einzig gezüchtet zu dem Zweck, die Menschheit, von den Kontrukteuren selbst erschaffen, wieder zu vernichten. Der einzige Überlebende stellt sich als Pilot heraus. Natürlich versucht er zu vollenden, was vor 2000 Jahren schief gegangen ist: Er macht das Schiff startklar, damit es mit seiner Ladung Tausender von Aliens – die von Janek, Captain der Prometheus, einmal als „Massenvernichtungswaffen“ bezeichnet werden – die Reise zur Erde antreten kann.

In der optisch fulminanten Schlusssequenz sehen wir den Wettlauf des fremden Piloten mit der Besatzung der Prometheus, die alles tut, um den Start des Schiffs zu verhindern. Mit Erfolg: Allerdings müssen sie dafür ihr Schiff genau wie sich selbst für die Menschheit opfern. Am Ende gibt es nur eine menschliche Überlebende: Elizabeth Shaw, die sich nicht an Bord befand. Sie findet David, dem in Alien-Filmen quasi obligatorischen Android an Bord, genauer: seinen Kopf. Sie begeben sich auf die Suche nach einem weiteren Schiff der Konstrukteure, das es, so behauptet David, auf LV 223 gibt, um diesen Ort zu verlassen. Allerdings nicht Richtung Erde, sondern auf die Heimatwelt der Konstrukteure. Shaw will wissen, weshalb diese ihre Schöpfung, die Menschheit, wieder vernichten wollen. Ihr letzter Satz, gesprochen im Off, lautet: „Die Suche geht weiter.“

Fazit: Die Ausrottung der Prometheus-Besatzung wird ein bisschen zu hingebungsvoll inszeniert, worüber die eigentliche Story immer wieder fast in Vergessenheit gerät. Zu verschmerzen ist hingegen, dass mit diesem Film die Aliens – die eigentlichen Aliens, die aus den Alien-Filmen 1 bis 4 – aus dem Fokus geraten (ist ja auch alles zu ihnen gesagt und gezeigt worden) und durch die Konstrukteure ersetzt werden. Auch wenn die letzte Einstellung die Geburt eines Aliens aus dem toten Pilotenkörper zeigt – auch das viel mit Blut, Schleim und Geschmatze verbunden –, werden Fortsetzungen, so es sie gibt (es scheint da derzeit Probleme zu geben), uns auf die Spur ihrer (und unserer) Konstrukteure setzen.